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Unternehmenskommunikation ist systemrelevant.


Unternehmenskommunikation ist systemrelevant.
03.06.2020
Gesellschaftliche Krisen, welche das sozioökonomische Ausmass einer Pandemie haben, wie dies bei der Corona-Krise der Fall ist, nehmen als vitale Störgrössen global und lokal direkten Einfluss auf den fragilen Marktwert aller Unternehmungen. In dieser Zeit, die auch von politischer Kommunikation massgeblich beeinflusst wird, entwickelt sich Kommunikation schlagartig zur systemrelevanten Grösse, welche sämtliche Interessen der Stakeholder tangiert und auch Börsenkurse auf Talfahrt schicken kann. Kluge Krisenkommunikation ist dann nicht nur auf der politischen Ebene eines Staates gefragt, die über die Vermittlung von Kontinuität, Flexibilität und innovative Beziehungspflege Reputation sichert und Chancen zur Eigenpositionierung wahrnehmen soll. Bei umsatzabhängigen Unternehmen braucht es in jedem Fall einen stringenten Fahrplan, der die Loyalität zum Unternehmen oder der Marke durch Empathie auflädt und so die instabile Reputation in der Krise durch aktive Kommunikation sichert.
 
„Love Brands“ werden dabei diejenigen Marken und Unternehmen, die sich in der Krise durch ihre sichtbaren Aktionen auf der Seite der Betroffenen positionieren. Sie lassen Solidarität und Verantwortungsbewusstsein spüren, was verbindet und Loyalität schafft. Menschen messen die Unternehmen in der Krise vermehrt an ihren wahrnehmbaren Taten und Worten. Chronische Imageschäden werden durch Fehlkommunikation oder Fehlverhalten schnell ausgelöst. Negative Erfahrungen führen rasch zu einem lang anhaltenden Imageschaden, der sich auch nach einer Pandemie mit grosser Wucht und messbar auf den Marktwert der als unsolidarisch wahrgenommenen Marke auswirkt. Wer seine Produktion innovativ und kreativ auf die Bedürfnisse der Menschen in der Krise anpassen kann, hat dramatisch an Goodwill gewonnen – ob Weltkonzern oder lokales Geschäft. 

Kommunikation ist systemrelevant – nicht nur in der Krise
Nicht nur sind es in Krisen staatlich definierte Produktebereiche, welche für eine Volkswirtschaft systemrelevanten Charakter haben. In einem weit höheren Mass und permanent trifft dies für die jeweilige Unternehmenskommunikation zu, die stark an Boden gewinnt und zu einer strategischen Daueraufgabe wird. Ihre Aufgabe ist es, das Unternehmen in einem hochkompetitiven Umfeld permanent zu positionieren. Der Medienkonsument muss einen Mehrwert aus dem Kommunizierten erkennen, sonst stimmt die Kommunikation nicht und macht keinen Sinn.

Markentreue verlangt punktgenaue Kommunikation
Lokale Unternehmen haben sich im globalisierten Wettbewerb zu behaupten, der heute reale und virtuelle Räume umfasst. Unternehmen werden mit disruptiven Herausforderungen der Digitalisierung konfrontiert, die sich laufend wandeln und nur partiell sichtbar sind. Reale und virtuelle Konsum- und Dienstleistungsbereiche sind im Internet unter einer nur schwer überwach- und prüfbaren Oberfläche verbunden. Dieser intransparente Prozess kompliziert die Unternehmenskommunikation deutlich, die sich nicht mehr auf ein bestehendes Image oder eine über Jahrzehnte eingespielte Reputation berufen kann. Lokale Markentreue pulverisiert sich in der globalen Unverbindlichkeit des Internets stark, das sich allen Grenzen entzieht und zu einer noch neuartigen Eigendynamik ansetzt. Intergenerative Kundentreue erodiert in der heterogenen Gesellschaft zudem markant, weil tradierte Werte und markenrelevante Treue instabil geworden sind. Dieses Phänomen, das für eine Agilität spricht, ist in der Schweiz neuer und wird sich in der Generation Z dramatisch verstärken. Markentreue gibt es nur, wenn sie eine eigene Inszenierungsplattform bietet oder von medial vermittelten Role Models im Bild vorgelebt wird. Implosionen beim eigenen Marken- bzw. Unternehmenswert sind damit jederzeit und radikal möglich. Besonders gilt dies, wenn der Mehrwert einer auch arrivierten Marke medial unsichtbar bleibt und in der Folge beim Konsumenten sofort an Existenzberechtigung verliert.
 
Krise als Chance nutzen
Wer in der Krise passiv abwartet und auf bessere Zeiten hofft, weil seine Produkte und Dienstleistungen qualitativ überzeugend sind, muss mit systemrelevanten Überraschungen für sein eigenes Unternehmen rechnen, die Konkurse einschliessen. Die vielzitierte Aussage von Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“, gilt heute ganz besonders und hat erstrangige Marktrelevanz, wenn es um das Selbstmarketing auf strategischer Ebene geht. Neben dem Marketing, das sich primär um die Gestaltung von Produkten und Preisen kümmert, ist ein nachhaltig handlungsfähiges Unternehmen auf seine funktionierende Unternehmenskommunikation angewiesen, die in der Krise an Wichtigkeit zulegt. Krisen bieten die Chance zur Standortbestimmung und der innovativen Veränderung, gerade auf der Ebene der Kommunikation. In einem diffusen Konkurrenzumfeld gilt es, die eigene Positionierung in der Kommunikation zu optimieren, um das Vertrauen in die betriebliche Leistung, das eine der wichtigsten Ressourcen im globalisierten Standortwettbewerb ist, weiter auszubauen.
 
Markenwert durch Kommunikation
Produkte und Dienstleistungen haben in den letzten Jahren eine qualitative Standardisierung erfahren, basierend auf einer identischen Technik und bei identischen Ansprüchen. Uniformierung und Auswechselbarkeit sind die Folge, die nur noch über eine kommunikative Aufladung differenziert werden kann. Die markenrelevante Positionierung findet heute wesentlich auf der Ebene der Botschaften und der personellen Vorbilder (Role Models) statt, die das standardisierte Produkt emotional unterschiedlich aufladen und damit positionieren. Gezieltes Storytelling ist gefragt. Ziel dieser steuerbaren Anstrengungen ist es, eine spezifische Werthaltung in der Öffentlichkeit zu vermitteln, an der über den eigenen Konsum oder die Teilhabe persönlich partizipiert werden kann. Zugehörigkeiten zu künstlichen Subsystemen werden erlebbar, die eigene Orientierung in unüberschaubaren Verhältnissen vermitteln.
 
Darum ist Kommunikation systemrelevant
Professionelle Unternehmenskommunikation stärkt den komplexen Prozess der Unternehmensprofilierung, welcher betriebliche Einzigartigkeiten im Fokus hat. Erreicht wird dies, indem Unternehmen und ihre Produkte über Leitbilder, attraktive Erlebniswelten und Botschaften gezielt kommunizieren und sie nach aussen sichtbar machen. Menschen suchen in der pluralistischen Gesellschaft weiter nach Anerkennung (Inszenierung), Teilhabe, Orientierung und Sicherheit in ihren sich ständig wandelnden Bezugssystemen. Auf dieses Bedürfnis reagieren Massnahmen der Kommunikation über die bewusste Inszenierung von Markenwelten und ihren führenden Exponenten, die temporär als Vorbilder gelten.
Unternehmerische Profilschärfung über Öffentlichkeitsarbeit bleibt in jedem Fall Sache der strategischen Ebene, die für den nachhaltigen Erfolg ihrer Unternehmung Verantwortung trägt. Gerade in einer gesamtgesellschaftlichen Krise ist das der Fall, in welcher die kommunikative Positionierung einer Unternehmung und ihrer verbindlichen Botschaften matchentscheidend wird - für ihre weitere Marktrelevanz nach der Krise und zur Realisierung ihres innovatives Potentials. Ohne Kommunikation steht alles still.
 
 
Lic. phil. Raffael Tondeur, PR-Consultant, Stöhlker AG, Zollikon